Gommer Höhenweg

Erster Premiumwanderweg der Schweiz

27 Kilometer lang ist er, der Gommer Höhenweg. 27 Wanderkilometer der Extraklasse. Walliser Bergwelten, ursprüngliche Dörfer, originelle Berggaststätten, kurzweiliger Wegverlauf. Der Gommer Höhenweg steht für ein zweitägiges Wandererlebnis auf sehr hohem Niveau, wie René Rychener bei seiner Wanderung erfahren hat.

Text/Bilder: René Rychener

Ruhiges Hochtal im Wallis 

Das Goms; im Winter einn beliebtes Ziel für Langläufer, im Sommer ein Wanderparadies mit Geheimtipp-Charakter. Die großen Touristenströme finden jedenfalls anderswo statt. Zermatt und Saas-Fee sind nah und saugen das Gros der Touristen auf. Für das Goms ist das nur positiv. Zwischen
Natur und Kultur herrscht Einklang. Nur wenige Seilbahnanlagen stören das Landschaftsbild, Städte
gibt es auch keine. Ursprüngliche Dörfer mit dunklen Holzhäusern prägen das Bild. Eine Hauptstraße und eine Schmalspurbahn – die Matterhorn-Gotthard-Bahn – führen durchs Tal.

Ein Blick auf die Landkarte reicht allerdings, um die Bedeutung des Goms als alpinen Verkehrsweg zu erkennen. Gleich drei wichtige Alpenpässe – der Grimselpass vom Berner Oberland, der Furkapass von Andermatt und der Nufenenpass vom Tessin – führen nämlich ins Walliser Hochtal.

Trotz der wichtigen Verkehrsverbindungen geht es im Goms aber eher ruhig und beschaulich zu. In den Sommermonaten bringt der Ausflugsund Urlaubsverkehr Leben ins Tal. Im Winter dagegen wird es richtig still. Die Pässe sind geschlossen, und die einzige Verbindung führt vom Unterwallis über Brig hinauf ins Goms. Und auch dies ist nicht einmal unbedingt sicher. Im Lawinenwinter 1999 war das Goms für längere Zeit vollständig von der restlichen Schweiz abgeschnitten. Der Gommer Höhenweg quert an einigen Stellen die steilen Seitentäler, durch die in schneereichen Wintern die Lawinen ins Tal hinunter donnern.

Von Nordosten nach Südwesten oder andersrum?

Im Grunde genommen lässt sich der Gommer Höhenweg in beide Richtungen wandern, also von Oberwald über Münster nach Bellwald oder eben auch umgekehrt. Die offiziellen Beschilderungen und die Angaben zu den Abschnittszeiten funktionieren für beide Varianten bestens. Geeignete Orte zum Übernachten finden sich auch in beiden Richtungen. Und doch erscheint die Variante von Oberwald nach Bellwald die etwas sinnvollere zu sein. Ein logisches Argument dafür liegt in der Beschaffenheit des Wegs. Der Abschnitt von Oberwald bis nach Münster ist nämlich als »einfacher Wanderweg« kategorisiert, wogegen der Abschnitt von Münster nach Bellwald als »Bergwanderweg « eingestuft ist.

Zum Eingewöhnen wäre also am ersten Tag lockeres Wandern angesagt, bevor es am zweiten Tag dann richtig zur Sache geht. Wobei anzumerken ist, dass der Gommer Höhenweg allenfalls für durchschnittliche Flachlandwanderer eine Herausforderung darstellt. Gipfelerprobte Bergwanderer kommen auf dem Gommer Höhenweg mit Bestimmtheit nicht an ihre Grenzen. Bauchbasierte Argumente für die Nordost- Südwest-Variante gibt es natürlich auch. Der nahe Fluss, der Rotten (so heißt die Rhône auf diesem Abschnitt), fließt im Goms von Nordosten nach Südwesten. Mit dem Fluss wandern macht Sinn. Von oben nach unten, von der Quelle zur Mündung scheint irgendwie logisch. Die Rhône, jener große Strom, der in Südfrankreich in einem gigantischen Flussdelta ins Mittelmeer mündet, entspringt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Goms. Die Zunge des Rhônegletschers gilt als offizielle Quelle.

Ein weiteres Bauchargument ist der fast stete Ausblick aufs 4.506 Meter hohe Weisshorn. Würde das Matterhorn nicht im Wallis stehen, das Weisshorn wäre der unbestrittene Star unter den 4.000ern in den Walliser Alpen. Eine weiße Pyramide, weit herum sichtbar, prachtvoll, erhaben. Ein Gipfel wie im Bilderbuch!

Start in Oberwald

Der offizielle Startpunkt des Gommer Höhenwegs befindet sich mitten im Dorf Oberwald. Wer also mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn anreist – und das sei an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen – muss zuerst vom Bahnhof Oberwald in die falsche Richtung bis zum Dorfzentrum wandern. Das Dorf selbst besteht aus ein paar typischen Holzhäusern, einem Dorfladen, einigen Hotels und Restaurants, der Autoverladestation des Furka-Basistunnels und natürlich einer Kirche. Der Wanderweg steigt auf der rechten Talseite vom Dorfkern durch eine Wiese hinauf zum Waldrand.

Bevor der Wanderweg in die ersten Föhrenwälder eintaucht, wird die Trasse einer Zahnradbahn gequert. Nach der Eröffnung des Furka-Basistunnels im Jahr 1982 wurde der reizvolle Abschnitt der damaligen Furka-Oberalp-Bahn über Gletsch hinauf zum 2.160 Meter hoch gelegenen Furka- Scheiteltunnel stillgelegt. Die Gleisanlagen sollten anschließend zurück gebaut werden. Das fanden einige Eisenbahnverrückte derart schade, dass sie flugs den Verein Furka-Bergstrecke gründeten, um danach die über 17 Kilometer lange Bergstrecke von Realp bis nach Oberwald in mühevoller Fronarbeit wieder in Stand zu stellen. Heute wird dieses Stück schweizerische Eisenbahn-Geschichte von Eisenbahnfans aus der ganzen Welt als touristische Bahn wieder rege genutzt.

Bergbäche en masse

Schon bald verengt sich der Wanderweg zu einem schmalen Pfad. Weicher Boden und angenehm duftende Föhrenwälder sorgen für entspannte Wandergefühle. Begleitet von ersten prachtvollen Ausblicken, schlängelt sich der Gommer Höhenweg dem Hang entlang in südwestlicher Richtung. Alle paar hundert Meter quert der Weg einen tosenden Bergbach. Kaum erwähnenswert, dass zur Querung der Bäche jeweils eine sichere Brücke zur Verfügung steht. Die Füße bleiben also in der Regel trocken. Die größeren und wasserreicheren Bäche haben teils tiefe Täler gebildet. Gerade diese wildromantisch anmutenden Abschnitte sind es, die dem Gommer Höhenweg eine besondere Faszination verleihen.

Die wirklich großen und tiefen Täler werden übrigens alle erst am zweiten Wandertag gequert. Darunter das Minstigertal, dessen Querung gleich zu Beginn der zweiten Etappe eine knappe Wanderstunde in Anspruch nimmt. Die Strecke vom östlichen Taleingang zum westlichen Ausgang lässt sich allerdings auch erheblich abkürzen. Am zweiten Wandertag kann man nämlich von Münster direkt nach Westen wandern und so den Umweg durchs Minstigertal locker umgehen. Apropos Abkürzung: der Gommer Höhenweg lässt sich an vielen Stellen unterbrechen. Infotafeln weisen an Verzweigungen den Weg und die Wegzeiten zum nächstgelegenen Bahnhof unten im Tal.

Info: www.wanderungen.ch

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