Picos de Europa

Die weißen Spitzen Europas

An Nordspaniens Atlantikküste liegt ein einsames, wildes Hochgebirge: Die Picos de Europa. Die von tiefen Schluchten durchzogenen Kalksteinberge sind bis zu 2.650 Meter hoch. Bären leben dort und Wölfe, über den schroffen Felswänden kreisen Gänsegeier und Adler. Patrick Kunkel fand dort spektakulär schöne Trekkingrouten vor.

Text/Bilder: Patrick Kunkel

Frische Paprika. Äpfel. Möhren. Bergwanderer aus Deutschland haben einen etwas speziellen Ruf. Jedenfalls bei der Belegscha der Berghütte »Refugio Vega de Ario« im nordspanischen Hochgebirge Picos de Europa. »Erst letzte Woche kam wieder ein Deutscher hoch und brachte Gurken mit«, sagt Ignacio Martinez Garcia und grinst dabei so verschmitzt, dass sich seine vom Höhenwetter gegerbte Gesichtshaut in viele kleine Runzeln legt.

Ignacio ist seit acht Jahren Guarda, also Hüttenwart in einem weit vom Schuss abgelegenen, karstigen Hochtal auf 1.630 Metern Höhe in einem Steinhaus mit rot gestrichenen Fensterläden. Er hat seither viele Gäste kommen und wieder gehen sehen. »Die meisten Deutschen bringen uns ein Stück frisches Gemüse mit oder Obst«, erklärt Ignacio und schiebt die Hintergrundgeschichte gleich hinterher:

Einmal sei eine deutsche Reisebuchautorin in der Hütte abgestiegen. »Sie hat uns allesmögliche gefragt und ich meinte irgendwann, dass es schön ist, wenn die Leute, die hochkommen, ein wenig Obst oder Gemüse da lassen. Das hat sie dann auch in ihrem Buch auf  Deutsch geschrieben. Und seither kommen die Deutschen mit etwas Gemüse im Rucksack.« Ein schöner Brauch, findet Ignacio und grinst wieder: »Das sollten alle machen.«

Ist ja auch nützlich. Schließlich ist die Hochalm Vega de Ario nicht gerade auf die leichte Tour zu erreichen. Ein gut ausgetretener, aber dennoch anspruchsvoller Pfad führt von den 600 Meter tiefer gelegenen Bergseen »Lagos de Covadonga« hinauf. »Ein-, zweimal die Woche gehe ich die Streckemit den Eseln«, erklärt Ignacio. Den Abfall runterbringen und Vorräte wieder hinauf. Den größten Teil der Vorräte lässt er jedoch zu Beginn der Saison Ende Mai mit dem Helikopter einfliegen. »Leider«, sagt Ignacio, »ist aber viel günstiger.« 100 Kilo schaffe er mit den Tieren pro Tour und der Fußmarsch auf dem steilen, felsigen Weg dauert knapp drei Stunden für den Abstieg – und etwas mehr für den Aufstieg.

Schroffe Kalksteinketten und über 250 Zweitausender

Auch wir sind früh am Morgen an den 1.000 Meter hoch gelegenen Gletscherseen Lagos de Covadonga in Richtung Vega de Ario gestartet. Die beiden Seen Lago de la Ercina und Lago Enol – Überreste der letzten Eiszeit – gelten wohl zu Recht als einer der schönsten Bereiche des »Parque Nacional de los Picos de Europa«.

Allein der Ausblick ist spektakulär schön: Schroffe Kalksteinketten verlieren sich in der Ferne und geben den Blick frei auf das über 1.000 Meter tiefer liegende, dunkelblaue Band des Atlantiks. Die Almwiesen rund um die beiden Gletscherseen sind allerdings im Gegensatz zum Rest des weitläufigen Naturparks oft heillos überlaufen.

Covadonga, der weiter unten liegende Ort, gilt ja immerhin als Ursprung der Reconquista Spaniens, seit der westgotische Fürst Pelayo dort im Jahr 722 in einem zur Schlacht von Covadonga stilisierten Scharmützel eine Handvoll maurischer Krieger schlug. Die Cueva Santa, die heilige Höhle, ist Wallfahrtsort und Nationalheiligtum. Vor allem im Sommer ist hier die Hölle los, und da eine asphaltierte Traumstraße von Covadonga hinauf zu den beiden Gletscherseen führt, herrscht auf etwas mehr als 1.000 Metern Höhe ebenfalls Rummel, als wir unsere Stiefel schnüren und alles Nötige für eine Tagestour in den Rucksäcken verstauen.

Im Sommer ist die Straße gesperrt und ein Busshuttle karrt die Erholungssuchenden hinauf. Die meisten allerdings drehen eine kleine Runde, kehren in einer der günstig gelegenen Bars ein und verziehen sich dann wieder ins Tal. Der Naturpark wurde 1918 von König Alfonso XIII. als erster Nationalpark Spaniens eingeweiht. Seefahrer hatten das Gebirge »Picos de Europa« getauft. Wenn sie von langer Fahrt zurückkehrten, waren die schneebedeckten Gipfel das Erste, was die Späher vom alten Kontinent am Horizont erblickten. Die Picos sind Teil der Cordillera Cantábrica (Kantabrisches Gebirge), die sich von den Pyrenäen bis weit in den Westen ziehen und das spanische Inland von dem rauen Klima der Atlantikküste abschirmen. In Kantabrien und Asturien türmen sie sich weit über 2.000 Meter auf, knapp zweihundertfünfzig Zweitausender überragen das schwer zugängliche, zerklüftete Gebirge, vierzig Spitzen sind höher als 2.500 Meter. Aus dessen Mitte ragt das Zentralmassiv Los Urrieles mit dem 2.650 Meter hohen Torre de Cerredo auf, eine Kathedrale aus Fels. KeinWunder, dass die Picos de Europa noch heute als eine von Spaniens wildesten Naturlandschaften gelten. Bären und Wölfe leben hier, über den schroffen Felswänden kreisen Gänsegeier und Adler.


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Das Passwort (eine PIN-Nummer) zum kostenlosen Download des GPX-Tracks finden Sie in der aktuellen trekking-Ausgabe (2/2017) auf Seite 5 (Inhaltsverzeichnis), ganz rechts unten. Die GPS-Daten wurden von unseren Autoren und dem Verlag erfasst und nach bestem Wissen überprüft. Abweichungen oder Fehler können allerdings nicht ausgeschlossen werden, da sich zum Beispiel auch die Gelände-Situationen zwischenzeitlich verändern können. Sachverstand in der Beurteilung der jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ist also unabdingbar.


Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 02/2017.

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