Wandern vor der großen Kulisse: Traumwochenende im Berner Oberland

Wenn sich zur einladenden Landschaft die imposante Kulisse hoher Berge hinzufügt, dann macht das Wandern noch mehr Spaß. Björn Nehrhoff von Holderberg hat dies im Berner Oberland erfahren können.

Das Berner Oberland in der zentralen Schweiz ist bekannt durch die spektakulären Bergkulissen von Eiger, Mönch und Jungfrau. Bis zu 4.158 Meter über dem Meer ragen die mächtigen schneebedeckten Gipfel aus der Landschaft auf, und mit dem Aletschgletscher gibt es dort den größten Gletscher in den Alpen. Das Gebiet Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch wurde ob seiner Schönheit und Einzigartigkeit in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen. Einige Teile sind durch Seilbahnen erschlossen.

Das alles klingt stark nach rauen Bergsteiger- Abenteuern, die nicht für jedermann erreichbar sind, oder nach Touristenrummel. Doch zwischen den Extremen gibt es reichlich Platz für ausgedehnte Wanderträume, egal ob als mehrtägige Trekkingtour oder Tageswanderung. Die Stadt Interlaken ist wie geschaffen als Basislager für ein verlängertes Wochenende in dieser Region, bietet sie doch Unterkünfte in allen Kategorien – vom Campingplatz am See bis hin zum Wanderhotel – sowie Zug- und Seilbahnverbindungen an die Ausgangspunkte.

1. Steinböcke und Tiefblicke am Brienzer Grat

Am nördlichen Ende von Interlaken, direkt neben dem munter gurgelnden Flüsschen Aare, befindet sich der Ausgangspunkt für die Harderbahn auf den 1.322 Meter hohen Harder Kulm. Ein buntes Völkchen mischt sich im Waggon. Eine Gruppe von Chinesen gestikuliert wild in die Gegend und ist offensichtlich schon jetzt von der Landschaft begeistert. Ein verliebtes Pärchen mit indischem Aussehen scheint im Streit. Eine Familie kommuniziert in einem genuscheltem englischen Singsang, den ich in die Waliser Ecke einzuordnen glaube. Die Gesprächsfetzen verstummen, als sich die Waggons ruckelnd in Bewegung setzen.

In nur acht Minuten zieht sich die Drahtseilbahn 750 Höhenmeter auf den Interlakener Hausberg hinauf. Das auf dem Gipfel gelegene Bergrestaurant bietet gleich zu Beginn einen weiten Blick auf den Thunersee, dessen grüne Ufer in der Ferne immer flacher werden, und die Möglichkeit zu einem verspäteten Frühstück. Mein Weg führt mich aber schnell vom Berggasthof fort in den dichten Bergwald. Mit dem Berggasthof verschwinden auch fast alle Fahrgäste der Bergbahn. Nur zwei weitere Wanderer nehmen den Weg hinauf auf den Brienzer Grat, werden aber ebenfalls schnell vom Wald verschluckt.

Allein gehe ich einen, noch von den frühmorgendlichen Wolkenschwaden feuchten, gut ausgeschilderten Wanderpfad entlang, immer leicht bergauf. Schnell bemerke ich, dass ich auf einem Gart unterwegs bin. Anfangs verstellen zwar riesige Tannen, dunkle Fichten und gelegentlich eingestreute Vogelbeeren mit ihren hellgrünen Fiederblättern den Ausblick. Doch meine Geduld wird belohnt, als sich wenig später eine Bergwiese vor mir auftut. Das nasse Grün ist gesprenkelt mit bunten Farbtupfern zahlreicher Bergblumen. Dort, wo ein Weidezaun beginnt, grasen braun gefleckte Kühe auf Almwiesen.

Rechter Hand tut sich eine Abbruchkante auf. Noch verhängen Wolkenfetzen, die von unten in einem Affenzahn den Hang hinaufquellen, die Sicht auf den See. Ohne abrupte Höhenänderungen führt mich der Weg weiter auf einen ausgeprägten Grat, doch kommt kein Gefühl für die Höhe auf, denn beiderseits des braunen Bands auf der grünen Wiese wabert dicker Nebel herum, fast so wie auf einem englischen Küstenwanderweg.

Steinbock-Alarm

Urplötzlich hebt sich der gesichtslose Schleier mit einer Windböe, die ein Loch in die Wolkendecke gerissen hat. Grün schimmert jetzt die Wasseroberfläche des Brienzersees unter meinen Füßen. Mit jedem Meter klart sich die Sicht auf. Kurz vor der Suggiture, einem Grasgipfel, entdecke ich direkt vor mir ein Rudel Tiere. Als ich näher komme, erkenne ich eine Herde männlicher Steinböcke, die sich mitten auf dem Wanderweg befindet. Gemessenen Schrittes nähere ich mich der Gruppe. Zu meinem Erstaunen zeigen sie keinerlei Scheu. Zwar bewegen sie sich ein paar Meter, wenn man ihnen zu nahe kommt, kümmern sich aber sonst lieber um ihr Tagesgeschäft, das aus Fressen und Verdauen besteht.

Gipfelbesteigung und Ausblicke Eine ganze Weile stehe ich inmitten der Gruppe und erfreue mich an dem Naturschauspiel, ehe ich mich nach einem vorübergehenden Abstieg mit etwas Kraxeln aufmache zur Spitze des Augstmatthorns. Immerhin 2.137 Meter hoch glänzt der Wiesengipfel mit einer grandiosen Aussicht zu beiden Seiten. Ein weites Almtal tut sich unter mir zur Linken auf, während rechter Hand der Brienzersee glitzert. Auf der gegenüberliegenden Seeseite leuchten die schneebedeckten Silhouetten der 4.000er Berge im Hintergrund.

Vom Gipfel des Augstmatthorn habe ich die Möglichkeit, auf steilen Pfaden direkt zum Bergdorf Habkern gute 1.000 Höhenmeter abzusteigen. Von dort fährt ein Bus zurück nach Interlaken. Doch ich entscheide mich wegen des tollen Ausblicks und der Hoffnung auf eine erneute Begegnung mit den Bergziegen dafür, den bekannten Weg zurück zu nehmen. Auf der halben Strecke erwischt mich eine dicke Regenwolke, die schon geraume Zeit am Himmel stand, jedoch unschlüssig schien, welchen Berg sie mit ihrer nassen Fracht beglücken würde. In Interlaken angekommen, scheint die Sonne, als wäre nichts gewesen.

Alternativen: 1. Steiler Abstieg vom Gipfel direkt zum Brienzersee (1.500 Höhenmeter), dafür die Möglichkeit einer Schiffsfahrt zurück nach Interlaken. 2. Begehung des gesamten Brienzer Grads bis zum Rothorn. Grandiose, aber lange Gipfeltour. Nur für erfahrene, konditionsstarke Bergwanderer…

Björn Nehrhoff von Holderberg

Daten und Fakten

  • Literatur und Karten: »Hüttentrekking Schweiz« (Band 2) von Ralph Gantzhorn (Bergverlag Rother); Kompass Wanderkarte Jungfrau-Region 1:50.000
  • Einkaufen/Einkehren: Interlaken bietet alles, was das Herz begehrt – vom Aldi-Supermarkt bis hin zu Schweizer Spezialitätenläden. Urige Restaurants mit Schweizer Esskultur sind breit gestreut, auch in den umgebenden Gemeinden.
  • Unterkunft: Campingplätze in der Region: www.campinginterlaken.ch, www.camping-bo.ch (hier lässt sich ein aktueller Campingführer herunterladen), www.berneroberland.com, www.myswitzerland.com. Berghütten findet man samt Links unter www.sac-cas.ch, www.deine-berge.de. Hotels und Pensionen: www.interlaken.ch/unterkunft.html
  • Tipps: Wer in der Region übernachtet, fragt den Gastgeber nach einer Bonuskarte, die den Eintritt in einige Bergbahnen und sonstige lokale Attraktionen ermäßigt. Auch Campingplätze stellen diese aus.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 01/2012.

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