Vielfältige Landschaft in den Chiemgauer Alpen – Blumenberg Geigelstein

»Blumen sind das Lächeln der Erde« sinnierte einst der US- amerikanische Philosoph Ralph Waldo Emerson. Mitten in den Chiemgauer Alpen, im Grenzgebiet zwischen Bayern und Tirol, lächelt die Erde besonders schön. Zwischen dem Priental im Westen und dem Tal der Tiroler Ache im Osten erstreckt sich ein Gebirgszug von zehn Kilometern Breite und knapp 20 Kilometern Länge. Auch wenn seine Abmessungen überschaubar sind, so birgt er doch große landschaftliche Vielfalt und den schönsten Blumenberg weit und breit: den Geigelstein. Ihm gilt der Besuch von Andrea und Andreas Strauß.

Vom Rittersaal zum Chiemgaukreuz

Strahlend weiß und knallig rot leuchtet die Fassade des Schlosses Hohenaschau vom Burghügel herab. Wer sich dem Geigelstein nähert, wird zumeist die Zufahrt von Norden wählen und an der Schwelle zwischen dem flachen Land und der ersten Gebirgskette dieses schöne Schloss bewundern. Symbolhaft steht es für vergangenen und bestehenden Reichtum der Region. Seine Geschichte geht zumindest bis ins 12. Jahrhundert zurück. Dass die Burganlage trotz mehrmaligen Besitzerwechsels niemals Schaden nahm, liegt daran, dass die jeweiligen Burgherren die Hand auf wichtigen Handelsrouten hatten, seit dem 16. Jahrhundert den lokalen Erzabbau bestimmten und die Infrastruktur vor Ort förderten. Eine eigene Mühle und die Schlossbrauerei, in der jahrhundertelang gebraut wurde, zeugten ebenso vom Wohlstand wie die Tatsache, dass die Burgherren als Finanziers für die Wittelsbacher auftraten. Heute sind das Schloss und der Gasthof an seinem Fuß beliebte Ziele für Urlauber und Einheimische. Oben genießt man den Ausblick, den Gang durch Rittersaal und Schlosskapelle, unten das leckere Essen in den historischen Gemäuern.

Obwohl hier der Eindruck von Großzügigkeit und Weite herrscht und man sich keinesfalls in einem engen Gebirgstal eingeschlossen wähnt, ist das Schloss doch von Bergen umgeben. Und genau hier an der Kampenwand lassen wir die Tour zum Geigelstein beginnen. Drei Tage dauert sie, und das, obwohl man den Gipfel auch in eineinhalb Stunden erklimmen könnte. Aber wer will das schon?

Kampenwand, 1.664 m. Unverkennbar wie ein Hahnenkamm ragen die Felszacken am Nordrand der Chiemgauer Alpen auf. Lediglich einer von elf dieser Zacken ist für trittsichere Wanderer zugänglich, die bereit sind, ein paar Schritte den Handlauf eines Drahtseils zu Hilfe zu nehmen. Alle übrigen Gipfel können nur von Kletterern erreicht werden. Für sie ist die Kampenwand eine der beliebtesten Voralpendestinationen.

Den bequemsten Weg nutzt die Kampenwandbahn. Nostalgische 1950er Jahre Gondeln schaukeln von Hohenaschau hinauf auf knapp 1.500 Meter. Immer besser wird die Aussicht, mit jedem Höhenmeter, den man so mühelos zurücklegt. Oben im Sattel zwischen Scheibenwand und Kampenwand sieht man erstmals auf die Zentralalpen. Manchmal pfeift einem ein frischer Wind um die Nase, meist aber weht ein laues Lüftchen von Süden heran. Falken und Dohlen nutzen die Thermik für ihre eleganten Kreise. Drüben im Geigelsteingebiet ist oft sogar ein Steinadlerpärchen zu beobachten.

Wenig später bummelt man fast höhengleich auf der Nordseite der Felsen entlang und weiß nicht, wohin man zuerst blicken soll. Rechterhand können wir den Kletterern zusehen, wie sie in Verschneidungen spreizen und über Plattenbäuche turnen, auf der linken Seite geht der Blick hinaus ins Alpenvorland mit seinen eiszeitlichen Mooren, den fetten Bauernwiesen, der oberbayerischen Zwiebelturmromantik und natürlich auf den Chiemsee mit seinen Inseln. So hin- und hergerissen kommt man nach einer knappen halben Stunde zur Steinlingalm. In der gemütlichen Einkehr kann man sich vor dem Gipfelsturm auf die Kampenwand nochmals stärken, denn die nächsten 200 Höhenmeter werden vergleichsweise anstrengend. Ein steiler Wiesenhang, ein Geröllfeld, ein Schrofengürtel, dann der Gang durch die Felsenschlucht der »Kaisersäle« und zuletzt die luftigen Meter über Felsen hinauf zum großen Chiemgaukreuz.

Es lohnt sich, am Gipfel zu verweilen und sich gut umzusehen. Besonders ans Herz legen kann man den Blick nach Osten auf die Nachbarberge Friedenrath, Haberspitz und Hochplatte. Von Grassau, Unterwössen oder Schleching startend, könnte man die Kampenwand nämlich über einen oder mehrere dieser Berge ebenso erreichen. Das ist länger, aber bereuen würde man es sicher nicht!

Text: Andrea Strauß
Bilder: Andreas Strauß

Daten und Fakten

  • Charakter
  • Überwiegend einfache Wanderungen kennzeichnen das Geigelsteingebiet. Die hier vorgestellte Tour umfasst drei Tage mit zwei Übernachtungen auf Hütten bzw. Almen. Es lassen sich aber auch eine Reihe von Tagestouren in dieser Region unternehmen. Jeder der Gipfel kann bequem in einem Tag aus dem Tal bestiegen werden.
  • Beste Jahreszeit
  • Ab Juni bis in den Spätherbst. Die Blüte ist im Frühling und Frühsommer am schönsten.
  • Anreise
  • Von München oder Salzburg per Bahn oder Pkw nach Aschau, um aus dem Priental zu starten oder nach Übersee und mit dem Bus nach Grassau, Unterwössen oder Schleching. Für die Rückfahrt existieren Busverbindungen durchs Priental und durchs Achental.
  • Karte
  • Alpenvereinskarte Bayerische Alpen BY17, Chiemgauer Alpen West, Hochries, Geigelstein (Maßstab 1:25.000) von 2009 mit den aktuellen Schutzzonen.
  • Literatur
  • »Berchtesgadener und Chiemgauer Wanderberge« von Sepp Brandl (Bergverlag Rother; ISBN 978-3-76333-021-8; 14,90 Euro); »Alm- und Hüttenwanderungen Chiemgau« von Andrea und Andreas Strauß (Bergverlag Rother; ISBN 978-3-76333-035-5; 14,90 Euro).
  • Übernachtungen
  • Steinlingalm (1.450 m; privat; Übernachtungsmöglichkeit; Anfang Mai bis Ende Oktober geöffnet, Montag Ruhetag; Tel. 08052 2962; www.steinlingalm.de); Sonnenalm (1.487 m; privat; ganzjährig geöffnet; Tel. 08052 4411; www.kampenwand.de); Priener Hütte (AV-Hütte; Übernachtungsmöglichkeit; ganzjährig geöffnet; Tel. 08057 428; www.priener-huette.de)

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 03/2013.

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